Erlebnisse und Rezepte binationaler Familien

Guten Nacht

„Gute Nacht, Papa!“ „Bonne nuit maman!“ so geht bilinguale Erziehung

Am folgenden Beispiel wird deutlich, wie auch einsprachig aufgewachsene Eltern eine bilinguale Erziehung für ihr Kind umsetzen können. Wichtig sind hierbei vor allem Konsequenz, Motivation und eine große Portion Pragmatismus.

„Gute Nacht, mein Schatz“, „Bonne nuit, mon chéri!“ So verabschieden wir unseren Sohn seit seiner Geburt, bevor er ins Schlummerland abtaucht. Unser Sohn Louis (heute 7 Jahre alt) ist in Frankreich geboren und war bis er 3 Jahre alt war in der französischen „Crèche“ (Kinderkrippe). Er hat also von Geburt an gelernt, sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch zu reagieren. Wir, seine Eltern, haben Deutsch als Muttersprache und alle anderen Fremdsprachen erst in der Schule gelernt. Da wir wussten, dass das Abenteuer Frankreich irgendwann einmal zu Ende gehen würde, hatten wir schon früh begonnen, die Sprachen unter uns aufzuteilen. Am Anfang eher spielerisch und aus Freude an der wunderschönen Sprache, später habe wir uns daran gewöhnt. Mein Mann sprach immer Deutsch und ich meistens Französisch, wobei ich es nicht immer durchgezogen habe. Heute ist es ähnlich und kommt auch immer darauf an, mit welchen Freunden, Bekannten oder Familienangehörigen wir gerade zusammen sind. Unsere Motivation, auch in Deutschland weiterhin die Sprachen aufzuteilen, lag u. a. in der Biografie meines Mannes. Er ist gebürtiger Inder und in einer indischen Familie groß geworden. Dennoch wurde mit ihm nur Deutsch gesprochen, was er heute zutiefst bedauert. In den 80-ern herrschte die Meinung: „Bloß nicht das Kind verwirren. Mehr als eine Sprache tut der Entwicklung des Kindes nicht gut.“ Er würde heute lieber Hindi oder Panjabi mit Fehlern sprechen, als gar nicht.

Da ich eine ausgeprägte Liebe zu der französischen Sprache besitze, und dann noch die Vorgeschichte meines Mannes kenne, haben wir das Experiment gewagt, alles daran zu setzen, unseren Sohn zweisprachig zu erziehen. Wir sind in Düsseldorf neben die französische Schule gezogen und dort ist er seit 4 Jahren nur in Kontakt mit französischen, deutschen und anderen internationalen Kindern. Er weiß, weshalb er die Sprache lernt, und das ist glaube ich, einer der Knackpunkte. Es bringt ja nichts, wenn ich z. B. China liebe und auf Teufel komm raus, mein Kind in den chinesischen frühkindlichen Sprachunterricht bringe. Wenn ein Kind weiß, weshalb es die Sprache lernt, z. B. weil bald wieder eine Reise ins ferne Mexiko, Ghana oder wo auch immer hin ansteht, ist die Motivation größer. Auch die wöchentlichen Telefonate mit Oma und Opa z. B. per Skype können durchaus motivierend wirken und das Verständnis für das Erlernen der Sprache erleichtern. Positive Anreize schaffen und Motivation sind also alles! Das ist bei uns Erwachsenen nicht anders. Natürlich sollten die Erwachsenen hinter ihrem Vorhaben stehen. Ein Kind spürt relativ schnell, wenn Papa oder Mama lieber eine andere Sprache möchten. Dann ist es vorbei mit der Motivation und macht auch keinen Spaß mehr.

Wir als deutschsprachige Eltern wissen natürlich, dass uns auch Grenzen gesetzt sind. Irgendwann wird uns in der weiterführenden Schule der Wortschatz ausgehen, aber wir hoffen weiterhin darauf, dass Louis das dann ausgleichen kann. Wir kennen so viele fantastische Familien, die in vielen Ländern gelebt haben, und die Kinder ganz prima gelernt haben, mit mehreren Sprachen zu jonglieren. Und ja, vielleicht leidet die eine oder andere Sprache darunter. Aber die Kinder werden auch größer und können Fehler selbst beheben, weil sie mit Logik an Grammatik u.a. herangehen. Ein großer Vorteil ist heute das große Angebot. Wir können Filme auf Französisch schauen, Bücher lesen, Youtube etc.

Ich glaube, dass es keine Nachteile durch Mehrsprachigkeit gibt. Manchmal verwechselt Louis einen Artikel oder weiß ein Wort nicht, aber wer ist schon perfekt? Und kein einsprachiges Kind spricht fehlerfrei.

Ich sehe nur Vorteile. Wer mehrsprachig aufwächst, hat kognitive Vorteile. Das Gehirn ist immer in Bewegung und Konfliktfähigkeit, Empathiefähigkeit und Aufmerksamkeit werden ständig trainiert. In einer kanadischen Studie habe ich gelesen, dass ältere, bilinguale Menschen sogar weniger oft an Alzheimer erkrankten. Ist es darüber hinaus nicht toll, wenn dein Kind ein Vermittler zwischen den Kulturen ist? Es ist genau das, was die stürmische Welt von heute braucht.

© verfasst von M.A.

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Kommentar

  • Schönes Beispiel! Ich erinnere mich, wie die drei kleinen Töchter einer Freundin nach dem Umzug nach Frankreich mit dem Vater, der aus dem Libanon stammt, französisch parliert en, mit der Mutter Deutsch. Wenn ich zu Besuch kam und was auf französisch sagte, landete ich trotzdem immer in der deutschen Sprach-“Schublade”, was ihre Antworten betraf.

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